Schule ohne Schule

Etwa vier Wochen vor den Osterferien war das Virus beständiges Thema sowohl im Lehrerzimmer als auch in den Klassenräumen. Es war von ständig steigenden Infektionszahlen die Rede, in Bayern war man dabei sogar knapp im dreistelligen Bereich. Mit dem Blick auf Italien gerichtet, das damals schon stärker vom Virus heimgesucht war, wurden sogar Schulschließungen diskutiert.

Und tatsächlich, nur wenige Tage später erreichte uns die Nachricht, auch in Bayern schlossen die Schulen - zunächst die drei Wochen bis zu den Osterferien - und auch Ausgangsbeschränkungen wurden eingerichtet. Besucher der Mittelstufenparty, Schüler wie Lehrer, mussten sogar für 14 Tage in Quarantäne und wurden getestet. Zum Glück alle negativ, wie sich schließlich herausstellten sollte. Aber wie würde die Schule ohne Schule weiter gehen?

Glücklicherweise wurde noch am letzten Präsenztag die Schulmanager-App installiert und Zugangscodes wurden hastig an die Schüler verteilt. Die Folge: Ab jetzt konnten die Lehrer nur noch über die App mit ihren Klassen in Kontakt treten, und es wurde empfohlen, Wochenplanarbeiten an die Schülerinnen und Schüler herauszugeben, die dann im Lauf der Woche virtuell eingesammelt werden würden und korrigiert werden konnten. Doch schnell wurde klar, wie unterschiedlich die Motivation der Kinder sich entwickeln würde, aber auch, wie unterschiedlich die Haushalte der Eltern ausgestattet waren. Für Manche war der Zugang zu den Arbeitsmaterialien kein Problem, aber möglicherweise eher die Motivation, sich beispielsweise selbst den Stoffumfang einteilen zu müssen; für Andere war aber die technische Ausstattung eine Herausforderung. In einer Familie mit zwei Home-Office-Arbeitern und drei Kindern am Descartes reichte ein PC nicht aus. Auch die Internetverbindung in Neuburg und instabile Verbindungen sowohl zu ESIS als auch zum Schulmanager waren anfängliche Schwierigkeiten, wobei die einen mehr, die anderen weniger gut behoben werden konnten. Für die Abiturienten der Q12 in Englisch beispielsweise war die schriftliche Konversation über den Chat im Schulmanager durchaus auch gewinnbringend und motivierend. Der Fokus auf das Geschriebene konnte die ein oder andere grammatikalische Unsicherheit aufdecken und auch die Motivation, Übungsaufsätze abzugeben, stieg. Leider stiegen parallel auch die Infektionszahlen von COVID-19, zum Zeitpunkt des Artikels Ende April auf über 40.000 allein in Bayern mit beinahe 2000 Todesfällen, so dass auch nach den Osterferien auf eine Umstellung des Schulbetriebs auf Normalität abgesehen werden musste.

Einzig die Q12 wurde drei Wochen vor den Abiturprüfungen zurück in die Schule geholt, allerdings nur in kleinen Gruppen von nicht mehr als 15, bei mehr Schüler*innen nur in entsprechend großen Räumen wie dem Konferenzsaal oder den Kunsträumen, die den Mindestabstand von 1,5 Metern erlauben. Denn es gelten strenge Regeln zu Mindestabstand und Mundschutz, aber der Unterricht und damit auch der Kontakt zwischen Lehrer und Schüler*innen konnte wieder hergestellt werden; parallel werden die anderen Klassen weiter im Online-Unterricht geschult. Dabei schleift sich tatsächlich ein wenig Alltag ein, die Masken werden zur Gewohnheit und der Fokus rückt auf das Abitur und nicht auf eine mögliche Infektionsgefahr - auch dahinter versteckt sich ein gewisses Risiko. Die Abiturientinnen und Abiturienten müssen sich nicht nur diszipliniert auf die Prüfungen vorbereiten sondern sich auch ebenso diszipliniert an die Verhaltensregeln halten.

Zu gegebenem Zeitpunkt wird die Reflexion über die Umstellung auf virtuelle Klassenzimmer auch ihre Chancen offenbaren und möglicherweise die Digitalisierung der Schule und auch eine neue Wissensvermittlung voranbringen. Und dennoch, am Descartes legen wir auf persönliche Kontakte zwischen Schülern, Eltern, Lehrern und Schulleitung großen Wert, und unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hoffen wir zu einer Normalität zurückkehren zu können. Aber bis dahin erfordern die außergewöhnlichen Bedingungen die Kreativität, die Bereitschaft und auch das Verständnis aller Beteiligten, um diese Herausforderung bewältigen zu können.

Christian Eschner