Ein Spiel um Macht und Verführung

Unterstufentheater des Gymnasiums spielt Variationen zu Richard III von William Shakespeare

„Wir wollen etwas Böses spielen, was Ernsthaftes!“ Mit diesem Wunsch der Schüler begann die Theaterarbeit im Wahlkurs Schulspiel Unterstufe zu Beginn des Schuljahres und am Ende stand im Juli die Präsentation eines Stückes, in dessen Mittelpunkt einer der wahrhaft Bösen und Monströsen der europäischen Literatur stand, Richard III. aus dem gleichnamigen Werk William Shakespeares. In der Übermalung „Im Bann von Richard“ gelingt es der Autorin Helen Verburg die Handlung Shakespeares mit dem Spiel über eine Theatergruppe von Kindern und Jugendlichen, die sich mit diesem Stück auseinandersetzt zu vermengen und zu kontrastieren.

Richard (Laura Kirchgessner), als jüngster Bruder des Königs auf einer nachgeordneten Stufe der Thronfolge, weiß, dass er aufgrund seiner Hässlichkeit nie ein zufriedenes und glückliches Leben wie andere führen wird. Er setzt sich aus diesem Grund ein anderes Ziel- König zu werden, koste es, was es wolle. Mit der Unterstützung des zunächst willfährigen und später zunehmend misstrauerischen Buckingshams, überzeugt dargestellt von Neli Makalic, sowie einer gehörigen Portion List und Brutalität versucht er sein Ziel zu erreichen. Dabei schreckt er vor nichts zurück, weder vor der Zweckheirat mit seiner eben erst verwitweten Schwägerin (Marlene Morscher, Ana-Maria Tonu), noch vor Manipulation und Gewalt. Er erreicht sein Ziel, verkennt aber am Zenit seiner Macht, dass er mit seinen Intrigen nun aufhören müsste.

Im Bann des Königs

Er stolpert über seine eigenen Fallstricke, die Machtverhältnisse drehen sich und er zahlt einen hohen Preis. Doch „Im Bann von Richard“ hat eine zweite Ebene, die Auseinandersetzung einer Theatergruppe mit den Figuren Shakespeares, die nicht immer reibungslos verläuft. Die Mädchen wollen nicht mehr auf die Heirat mit einem Mann beschränkt werden, Margret (Lisa Sperber) weigert sich neuerdings, Richard zu segnen, worauf der entnervt die Rolle hinschmeißt. Gelegenheit für zwei andere Schauspieler (Persefoni Ioannidou, Niklas Weissörtel), sich im Wechsel die Rolle zu schnappen. Kein Wunder, dass der Erzähler (Lea Stadler) und später sogar Buckingham stellenweise den Überblick verlieren. Dieses Spiel im Spiel macht zum einen die Aktualität von Shakespeares Stoff deutlich, zum anderen verschärft es die Brutalität der Textvorlage durch die zunehmende Banalität des Bösen. Und spätestens mit der flammenden und berechnenden Rede Richards steht die Frage im Raum, wer heutzutage den „kleinen Leuten“ nach dem Mund redet und für sie die scheinbar beste Lösung aus dem Ärmel zieht. Am Schluss steht jedoch trotz allem die Abrechnung mit Richard, der für seine Taten zur Rechenschaft gezogen wird.

Dieses komplexe Gewirr von Einzelszenen und Handlungssträngen gelingt vor allem, weil dem ganzen Ensemble die Spielfreude in jedem Moment anzusehen sind. Die kleinsten Szenen werden lebendig, weil jeder Schüler sich ganz bewusst in seine Rolle begibt. So lässt dieses junge Ensemble schon Vorfreude über weitere gelungene Theaterabende mit einer der insgesamt drei Theatergruppen des Descartes-Gymnasiums entstehen. Besonders glänzten Anna Heyne als Prinz, der lange für die perfekte Sterbeszene übt und dann doch ungesehen in einem Kerker hingerichtet wird, und Persefoni Ioannidou als Richard, die das eindrückliche Spiel der Macht im Wechselspiel von Freundlichkeit, falscher Demut und Brutaltität perfekt umsetzte, in ihren Rollen. Ana- Maria Tonu als Lady Anne gelingt es die Verführbarkeit des Menschen mit sehr gekonnt eingesetzten Mitteln mimisch und gestisch darzustellen, Niklas Weissörtel verkörpert den abgebrüht- lässigen Richard kurz vor seinem Tod mit eiskaltem Sarkasmus.

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