Abba Naor

Zeitzeuge Abba Naor am Descartes

Am Montag, den 23.10.2017, besuchte der 89-jährige Holocaust-Überlebende Abba Naor das Descartes-Gymnasium und berichtete zwei Stunden lang von seinen traumatischen Erlebnissen während des Zweiten Weltkrieges. Der damals in Litauen lebende Jude wurde als Dreizehnjähriger in das Ghetto seiner Heimatstadt Kaunas deportiert, es folgten Deportationen in das Konzentrationslager Stutthof bei Danzig und in die Außenlager des KZ Dachau. Gebannt lauschten die Schüler der Q12 den bewegenden Erzählungen Naors: wie er damals die Sorgen seiner Mutter zunächst nicht begreifen konnte und vergeblich versuchte, sie zu beruhigen; wie aus seiner Nachbarin eine Feindin und aus Familienvätern Mörder wurden; wie sein älterer Bruder zum Einkaufen aus dem Ghetto geschickt wurde und dabei von der SS erschossen wurde; wie mit einem Fingerzeig entschieden wurde, wer leben und wer sterben musste; wie er im Juli 1944 seine Mutter und seinen jüngeren Bruder auf deren Weg nach Auschwitz das letzte Mal lebendig sah und wie er während seines Aufenthaltes im Außenlager Kaufering Schweine um ihr Futter beneidete. Am 2. Mai 1945 kam der Tag der Befreiung und Naor gehörte zu den glücklichen 4% der litauischen Juden, die die verbrecherischen Gräueltaten des NS-Regime überlebten. Doch zur Ruhe gekommen sei er bis heute nicht: „Das Lager wurde zwar von uns befreit, aber wir nicht vom Lager.“ Deswegen sieht es Naor als seine Berufung und Verantwortung, mit Vorträgen wie diesem dieErinnerungskultur lebendig zu erhalten. Abschließend appellierte er an die Schüler, die Schule als ein Privileg zu sehen, betonte ihre Verantwortung für die Zukunft und gegen das Vergessen und warnte auch heute vor falschen Propheten. 

(Text Laura Harbig, Foto Chris Eschner)